ZUM PRO­BLE­MA­TI­SCHEN GE­BRAUCH DER PA­RO­LE A.C.A.B.


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Das Bild zeigt die Vorderseite eines Flugblattes der Roten Hilfe. Die Rote Hilfe e.V.unterstützt Personen, die beispielsweise wegen einer Nazi-Blockade gegen rechtliche Auflagen verstoßen und  von der Polizei eine Anzeige bekommen haben. In diesem Flugblatt haben sie Kritik an der Parole A.C.A.B veröffentlicht. Das haben wir zum Anlass genommen, darüber auch auf no-nazi.net zu berichten.

Bestimmt hast du die Abkürzung A.C.A.B schon einmal gehört oder gesehen – auf Demos, in Liedtexten, an Hauswänden oder als T-Shirt-Druck. A.C.A.B. steht für die englischsprachige Parole „All Cops Are Bastards“ (wörtlich übersetzt „Alle Polizisten sind Bastarde“).

Der Ausdruck wird vor allem in subkulturellen Kreisen beispielsweise von Punks, Skinheads oder von Autonomen, aber natürlich auch an vielen anderen Orten verwendet. Seit einigen Jahren ist A.C.A.B. allerdings besonders beliebt unter Neonazis.

Doch es gibt (berechtigte) Kritik an der Parole. Dabei geht es zum Beispiel um den problematischen Begriff “Bastard” und die Verallgemeinerung “Alle Polizisten”.

 

Wie ist das Wort Bastard entstanden?
Ursprünglich war „Bas­tard“ die Bezeichnung für einen außerehelichen Sohn eines Adlingen, der mit einer Frau niederen Standes gezeugt wurde. Diese Frauen waren mit dem adeligen Vater meist nicht verheiratet und “Bastarde” behielten normalerweise den Stand ihrer Mutter und hatten keine Privilegien. Nur wenn alle ehelichen Kinder des Adligen vorzeitig verstarben, konnte auch ein “Bastard” rechtmäßiger Erbe werden.

Zu Beginn des Begriffes wurde dieser nicht negativ und auch von “Bastarden” selbst verwendet, da sie dadurch auf ihren adeligen Vater hinweisen konnten. 

Aus der Sicht Adeliger wurden sie jedoch als minderwertig angesehen. Die familiäre Abstammung wurde vor allem in adeligen Kreisen sehr hoch gehalten und ein “Bastard” wurde als ein Sohn „unreinen Blutes“ angesehen. Dazu kommt, dass in der damals streng christlich geprägten Gesellschaft außerehelicher Geschlechtsverkehr in der Öffentlichkeit als schmutzig und sündhaft angesehen wurde.

Im Laufe der Zeit hat sich die Bedeutung des Wortes verändert und “Bastard” wurde als Schimpfwort für außereheliche Kinder im Allgemeinen verwendet.

Ab dem Ende des Ersten Weltkrieges kam der Begriff “Rheinlandbastarde” auf. Als französiche Truppen das Rheinland besetzten, stammten viele dieser Truppen aus den französischen Kolonien in Afrika. Durch Verbindungen mit Frauen aus dem Rheinland wurden Kinder geboren, dessen El­tern un­ter­schied­li­che Haut­far­be hatten. Diese Kinder und ihre Mütter waren erheblicher Diskriminierung durch die Bevölkerung ausgesetzt.

Die im Nationalsozialismus erdachte „Ras­sen­theo­rie“ führte dazu, dass auch Menschen, die als “Rheinlandbastarde bezeichnet wurden, in Konzentratonslagern umgebracht oder zwangssterilisiert wurden.

Wo wird die Parole heutzutage verwendet?
A.C.A.B taucht mittlerweile in verschiedenen Zusammenhängen auf. In den späten 70er- und frühen 80er-Jahren wurde die Abkürzung vor allem in der Punk- und Oi!- Bewegung verwendet, um deren Wut über die Repressionen durch Polizist*innen gegenüber der Punk- und Oi! – Bewegung zu verdeutlichen. So trägt beispielsweise ein Lied der Punkband Slime den Titel A.C.A.B.

Der Slogan wird aber auch von Teilen der Neonazi-Szene übernommen. Und dies nicht nur gegen Polizist*innen, sondern auch in anderen Formen: So gibt es in der rechtsextremen Szene beispielsweise die antisemitische Variante A.J.A.B. (“All Jews are Bastards”). In der Zeit von 1998 bis 2007 sicherte sich der Vertrieb Troublemaker die Rechte an der Verwendung von “A.C.A.B.” Vertrieben wird Troublemaker über einschlägige neonazistischen Versandkataloge und Läden.

 

Das Problem mit den Verallgemeinerungen
Generell in der Polizei den “Feind” zu sehen, verkennt die Tatsache, dass “DIE Polizei” Menschen sind, also dass auch bei der Polizei Individuen arbeiten und man nicht davon ausgehen darf, sie seien “ALLE” so oder so… Leider gibt es immer wieder Gründe, wü­tend auf manche Po­li­zis­t*in­nen zu sein. Beispielsweise bei unerklärlichem, brutalem Vorgehen der Polizei bei Demonstrationen, bei Fällen wie dem rassistischen Übergriff, den wir letzte Woche thematisierten oder wenn Polizist*innen ihre Machtposition über die rechtlichen Grenzen hinaus ausnutzen.

Denn leider gibt es auch bei der Polizei immer wieder rassistisches Vorgehen und andere Diskriminierungsformen. Doch gerade die Verallgemeinerungen führen dazu, dass man nicht mehr die einzelnen Menschen dahinter sieht, sondern pauschal eine Menschengruppe verurteilt. Meist sind Verallgemeinerungen schwammige Parolen, die die eigentliche Kritik verfehlen.

Wenn ich beispielsweise sage, alle Polizist*innen seien gewalttätig, dann entspricht das eindeutig nicht der Realität und niemand würde diese Behauptung sonderlich ernst nehmen. Wenn ich auf Gewalt durch Polizist*innen aufmerksam machen möchte, geht das auch anders, polemische Statements wie A.C.A.B. nützen leider niemandem.

Wenn schon A.C.A.B. dann lieber als “All Colours are beautiful”…

Oder aber: Wir suchen uns gleich andere Parolen! Was wäre da eure Idee?

Text von P.C. Jackson