RECHTSPOPULISMUS: PAROLEN, AKTEUR*INNEN, MEDIEN #4


21. Oktober 2013 TanjaKeller 0 Comment

UnterRechtspopulismus verstehen wir einen Politikstil, der komplexe Sachverhalte auf einfache, plumpe und rassistische Parolen reduziert. Rechtspopulistische Politiker*innen nutzen die erhöhte Arbeitslosigkeit, die weltweite Wirtschaftskrise oder die Globalisierung aus, um Ängste zu schüren (weitere Informationen zu rechtspopulistischen Parolen, findet ihr hier). Letzte Woche haben wir uns mit rechtspopulistischen Parteien, wie “Pro Deutschland” oder “Die Freiheit” beschäftigt.

Heute wollen wir euch Medien vorstellen, die zwar nicht als die einzigen Plattformen der rechtspopulistischen Szene einzuordnen sind, aber dennoch Überschneidungen mit rechtspopulistischen Themen aufweisen. Wir stellen euch im folgenden Text die Zeitung “Junge Freiheit”sowie das Jugendmagazin “Blaue Narzisse” vor.

Diese beiden Zeitungen sind in das Feld der “Neuen Rechten” einzuordnen, einer uneinheitliche, rechtsgerichtete Strömung. Diese Szene grenzt sich von der “Neuen Linken” ab, kann jedoch nicht mit der extremen Rechten, wie Kameradschaften oder der NPD gleich gesetzt werden. Trotzdem gibt es innerhalb dieser Szene schwierige Tendenzen, da sie sich einerseits den Kampf gegen die 68er Generation auf die Fahnen geschrieben haben und andererseits den Islam als Bedrohung für die “deutsche Identität” ansehen.

Der Politblog “Politically Incorrect” (PI-News) ist ein weiteres Sprachrohr rechtspopulistischer Inhalte. “PI-News” gehört zu den bedeutendsten Medien dieser Strömung und leider, leider, leider zu den Top Ten der deutschsprachigen Blogcharts.

 


“JUNGE FREIHEIT”

Die Junge Freiheit ist einer der bekanntesten Zeitungen, die sich als Sprachrohr des “Konservatismus” versteht. Politikwissenschaftler*innen ordnen die Zeitung in das Spektrum der “Neuen Rechten” ein, dass für ein Politikverständnis zwischen dem Konservatismus und dem Rechtsextremismus darstellt. Deshalb ist es gerade hier wichtig, genau zu untersuchen, was Autor*innen aus diesem Spektrum wie und warum publizieren. Stumpfe Parolen wie “Ausländer Raus!” oder “Deutschland den Deutschen” wird niemand in den Artikeln dieser Zeitung finden. Trotzdem lassen sich rassistische Tendenzen zwischen den Zeilen herauslesen.

Ein Beispiel: In einem Artikel wird über den Asylbewerberanstieg in Nordrhein- Westfalen berichtet. Ansatt über die unmenschlichen Bedigungen in den Asylbewerberheim zu berichten oder auf die rassistische Gesetzgebung der Bundesrepublik hinzuweisen, verweist der Autor auf  die “Last des Steuerzahler”, die durch Asylbewerber*innen entstehe: “In der Vergangenheit hatte sich besonders die Unterbringung der Asylbewerber schwierig gestaltet. So mußten auf Kosten der Steuerzahler auch Hotels angemietet werden, da die Sammelunterkünfte keine weiteren Personen aufnehmen konnten.” (Link zum entsprechenden Artikel findet ihr hier.)

Diese Aussage im Zusammenhang mit Asylbewerber*innen ist darüberhinaus unmenschlich, weil das persönliche Schicksal der Menschen, die nach Deutschland kommen, in Rechnung gestellt wird. Auch die auserwählten Interviewpartner*innen lassen die Zeitung nicht gerade in ein positives Blickfeld rücken: Der NPD- Politiker Udo Voigt oder Andre Kapke, ein Neonazi, der dem Umfeld des NSU zugeordnet wird, kamen in dieser Zeitung schon zu Wort. Doch die Zeitung versucht weiterhin ihren “konservativen” Image zu polieren, in dem sie auch Interviews mit Politiker*innen der etablierten Parteien führt. Um dieser Strategie etwas entgegen zu setzen initierte die SPD im Jahr 2005 eine Broschüre, in der sie forderte, dass Parteimitglieder „keinerlei Beiträge oder Interviews für extrem rechte Zeitschriften geben [dürfen].” Dies gilt insbesondere für Blätter wie die Junge Freiheit und criticón, die sich damit als demokratisch legitimieren wollen.“

 

 ”BLAUE NARZISSE”

Die Blaue Narzisse ist eine ehemalige Schüler*innenzeitung aus Chemnitz und wurde im Jahr 2004 von Felix Menzel gegründet. Seit dem Jahr 2006 verfügt die Zeitung auch über einen Internetauftritt. Dort und in der Zeitung präsentieren sich die Autor*innen gerne als “konservativ”. Anfangs versuchten die Betreiber*innen bewusst nicht politische Themen anzusprechen, sondern über die Themen Kultur gerade junge Menschen zu ködern.

Mittlerweile thematisieren die meisten Artikel jedoch Diskussionen rund um Zeitgeschehen und Politik. Die anfängliche Zurückhaltung im Bezug auf “politische Themen” ist Strategie. Offen rassistische Artikel schrecken gerade junge Menschen ab, da hier schnell die Verbindung zur neonazistischen Szene gezogen wird. Und mit Neonazis will die Blaue Narzisse nicht in einen Topf geschmissen werden. Die propagierten Inhalte erwecken trotzdem ein komisches Gefühl: Die Zeitung gibt an, sie wolle sich Gedanken zu Alternativen “zur Islamisierung und Überfremdung” Europas” sowie “zum Verfall des Regierungssystems und zum Parteienklüngel in Deutschland” machen.

Mit Worten wie “Islamisierung” und “Überfremdung” wird eine angebliche Bedrohung durch den Islam heraufbeschworen, der die “deutsche Identität” angreifen will. Auch die Worte gegen den “Parteienklüngel” sind mit Skepsis zu betrachten, da damit gegen die etablierten Parteien gehetzt wird und die Blaue Narzisse sich als Sprachrohr der “Neuen Rechten” als einzige Alternative darstellen will.

Darüberhinaus macht das angesprochene Zielpublikum die Zeitung gefährlich. Junge Autor*innen berichten, dass sie gezielt in Sozialen Netzwerken von der Zeitung angesprochen worden sind, um für diese zu schreiben. Da das Medium auf den ersten Blick nicht offen gegen “Islamisierung” hetzt, lassen sich viele auf den Deal ein, und finden sich und ihre Artikel in einem Rechts-Konservativen Umfeld wieder. Auch das abgebildete Logo der “Identitären Bewegung” spricht dafür, dass auf dieser Seite islamfeindliche und rassistische Themen zu finden sind. Die Aktivitäten der “Identitären Bewegung” werden von der “Blauen Narzisse” sehr intensiv verfolgt.


“POLITICALLY INCORRECT”
 bzw. “PI-NEWS.net”

Politically Incorrect (PI) ist das Zentralorgan der deutschensprachigen Islamfeinde. Der Blog wurde 2004 von Stefan Herre gegründet, drei Jahre lang war er der einzige Autor der Seite. Seitdem schreiben dutzende freie Autor*innen täglich unter Pseudonymen mehrere Artikel. Der Politblog wird rund 80.000-mal pro Tag angeklickt, entsprechend hoch ist auch die Anzahl der Kommentare unter den Artikeln. Somit gehört PI zu den meist frequentiertesten Politblogs der BRD. Den Blog habe Herre gegründet um “dem plumpen Bush-Bashing hierzulande entgegenwirken” zu können. Der “Proamerikanismus” von PI ist zu vergleichen mit dem mehr und mehr abdriftenden Rechtkonservatismus mancher US-Amerikanischer Republikaner.

Politically Incorrect definiert sich als “News gegen den Mainstream, Proamerikanisch, Proisraelisch, Gegen die Islamisierung Europas, Für Grundgesetz und Menschenrechte”. Hinter dem, was erst einmal recht harmlos klingt steckt ein bloßer Populismus: Feindbild sind generell Andersdenkende, gerne wird gegen die “Antifa”, die Grünen, die Partei “Die Linke” oder gegen die SPD gehetzt.
Letzten Endes bleibt der Hauptfeind doch der Islam und Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland: Die Autor*innen des Blogs propagieren die vermeintlich heranrückende, bedrohliche Islamisierung Europas und problematisieren platt die “Zuwanderung” allgemein. Immer wieder fallen die Wörter “Ausländer”, “Scharia”, “Islam” und “Asyl” im Zusammenhang mit Gewalt, Kriminalität und “Sittenverfall”. Sie sehen humanistische Werte in Gefahr und dafür verantwortlich gemacht wird pauschal der Islam.

Dass sich Menschen aus dieser rechten Szene als pro-israelisch begreifen, ist kein schlechter Witz. Denn die Rechten begreifen Israel als einen Vorreiter des “aufgeklärten” westlichen Kapitalismus gegen den heranrückenden, als rückständig und “barbarisch” dargestellten, Islam. Den unkritisch, überaus positiven Bezug auf Israel und das Judentum nennt man “Philosemitismus”. Mit diesem setzt sich diese Szene deutlich von klassischen Neonazis und auch dem historischen Nationalsozialismus ab. Sie sind mit dem platten Rassismus dennoch vor allem offen nach Rechts, mit dem sehr bürgerlichen Auftreten wiederum offen zur Mitte. Ebenso wie die “Blaue Narzisse” verlinkt der Blog die “Identitäre Bewegung“.  Somit ist PI News durchaus gefährlich und nicht zu unterschätzen, weswegen die Seite wohl seit neustem auch mehr und mehr in das Augenmerk vom Verfassungsschutz gerät.