DOSSIER: SEXISMUS


16. Juli 2014 TanjaKeller 0 Comment

Eine Puppe für Nina, ein Auto für Felix. Typisch weiblich – typisch männlich? Geschlechterrollen bestimmen unser Leben von der Wiege bis zur Bahre. Wir erklären euch, warum die Kategorien “Mann” und “Frau” gar nicht so undurchlässig und lebensbestimmend seien müssen, wie sie oft gedacht werden, und warum Sexismus ein Problem für und von der Gesamtgesellschaft ist.

 

Sexismus in der Gesellschaft – ein undurchdringliches Netz aus Stereotypen und Zuschreibungen

 

Was ist Sexismus?

Als Sexismus wird eine Einstellung oder ein Verhalten bezeichnet, bei der Personen aufgrund ihres Geschlechts unterschiedlich behandelt und diskriminiert werden. Dabei werden vermeintliche Unterschiede konstruiert oder tatsächliche Unterschiede auf eine bestimmte Art und Weise ausgelegt. So werden den Geschlechtern “männlich” und “weiblich”spezifische Eigenschaften oder Verhaltensmuster zugeschrieben. Spätestens seit der “#Aufschrei”-Debattewird das Thema wieder in den öffentlichen Medien diskutiert. Schaut euch dazu doch mal den Artikel bei kleinerdrei und Anne Wizoreks Vortrag “Was #Aufschrei gebracht hat”. Und auch die Wissenschaft beschäftigt sich seit einiger Zeit mit dem Thema – schau dir an, was die Gender Studies dazu zu sagen haben.

Sexismus im Alltag

Sexistisches Denken und Handeln ist so präsent in unserem Alltag, dass es uns oft gar nicht auffällt, wenn uns “als Frau” gewisse Dinge nicht zugetraut werden oder wir vorwiegend “als Mann” mit zugeschriebenen Eigenschaften oder Fähigkeiten wahrgenommen und beurteilt werden. Schon bei der Auswahl der Farbe des Stramplers, des “richtigen” Kinderspielzeugs und später in der Schule bei der Fächerauswahl und auch im Profisport spielen sexistische Denkmuster eine große Rolle.

Problematisch wird es, wenn Frauen oder Männer, Jungen oder Mädchen aufgrund ihrer zufälligen Zugehörigkeit zu einem Geschlecht diskriminiert, anders behandelt oder bevormundet werden. Besonders stark konfrontiert mit Sexismus sind auch Menschen, die sich aus verschiedenen Gründen keinem der beiden Geschlechter zuordnen können oder wollen.

Befördert wird Sexismus von verschiedenen Seiten. Erziehung und Werbung, Bücher und Filme, Fernsehserien und Medien im Allgemeinen transportieren und verbreiten häufig Geschlechterstereotype. Und auch die Spieleindustrie rührt kräftig mit: Lest mehr hierzu unter “Von den ewigen Hilflosen und der sexy Kampfmaschine – Frauenbilder in Games” oder schaut euch das englischsprachige Video von feminist frequency an!

Institutioneller Sexismus

Auch auf institutioneller Ebene finden sich viele sexistische Strukturen wie z.B Gesetze, die mitverantwortlich dafür sind, dass Frauen teilweise immer noch ungleiche Löhne bekommen. Diese Regelungen basieren auf der Vorstellung, dass Frauen nicht so viel leisten könnten wie Männer und darum weniger bezahlt werden müssten. Auf der Seite gleicherlohn.de könnt ihr euch einen Überblick über die Lohnunterschiede verschaffen und euch durch Gehaltsungerechtigkeiten aller Branchen klicken.

Doch Sexismus trifft beide Geschlechter. Und zwar an unterschiedlichen, ebenfalls wieder “geschlechtsspezifischen” Stellen. So wurde erst 2009 vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die deutsche Sorgerechtsregelung für verfassungswidrig erklärt. Nach dem deutschen Sorgerecht waren unverheiratete Väter laut Gesetz auf die Zustimmung der Kindesmutter angewiesen, wenn sie das Sorgerecht für ihre Kinder haben wollten. Die Vorstellung, dass die Mutter das “natürliche” Recht auf ihr Kind habe, ist wiederum auf sexistische Grundannahmen zurückzuführen, die hier den Mann benachteiligen.

Und noch ein Problem: Heterosexismus als Sonderform des Sexismus

Mit dem Sexismus eng verknüpft ist der Heterosexismus. Während der Sexismus das biologische Geschlecht mit entsprechenden Rollenbildern, Erwartungen und Normen verknüpft, stellt der Heterosexismus die Heterosexualität als sexuelle „Normalität“ dar, also die einzige “richtige” Form von Sexualität. Damit werden schwule oder lesbische, trans- oder bisexuelle Formen als “unnormal”, Randerscheinung oder weniger „natürliches“ Phänomen abgewertet. Dabei wird davon ausgegangen, dass es die beiden Geschlechter “Mann” & “Frau” gibt und diese beiden Kategorien zu gelten haben. Siehe auch Homophobie.

(Hetero)-Sexismus in der Szene

Gerade innerhalb der Neonazis- Szene gibt es eine sehr starke sexistische und heterosexistische Ideologie. Frauen sollen ihren “traditionellen” Rollenbildern entsprechen, Männer werden als “Soldat” und “Kämpfer” stilisiert. Homosexuelle oder Menschen, die sich keinem der binären Geschlechter zuordnen wollen, werden von Neonazis massiv abgewertet und diskriminiert. Stark damit verbunden ist das traditionelle Familienbild in der Szene.

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Doch nicht nur in Neonazi-Kreisen ist (Hetero-)Sexismus zu finden. Auch im 21. Jahrhundert ist diese Diskriminierungsform brandaktuell. Wie gegen alle Arten von Vorurteilen helfen hier verschiedene Methoden, die alle beim Thema “Aufmerksamkeit” und “Gleichheit” ansetzen. Es kommt darauf an, sich dieser Vorurteile und Denkmuster bewusst zu werden und ihnen zu widersprechen, sie zu unterwandern oder auf den Kopf zu stellen. Ihr könnt in eurem Umfeld anfangen und euch darüber Gedanken machen: Welche Rollen übernehmen Männer und Frauen in eurer Umgebung? Werden Jungen und Mädchen in eurer Schule, in der Familie, in Vereinen oder in eurem Freundeskreis anders behandelt, anders bewertet, anders gefördert?

Aber nicht nur bei Anderen solltet ihr aufmerksam sein. Versucht, auch bei euch selbst nach typischen Vorurteilen zu suchen. Wann denkt ihr: “Das kann sie nicht, weil sie eine Frau ist?” oder “Das kann er nicht, weil er ein Mann ist?” Wer sich eines Vorurteils bewusst ist, kann besser damit umgehen, und versuchen, daran zu arbeiten. (Was tun gegen Vorurteile?) Frei nach dem Motto: Weg von der Ungleichheit, hin zu Fairness, Respekt und Gleichheit!