Ein Netz aus rechter Propaganda: Neonazis nutzen alle vorhandenen Medien, um ihre Propaganda zu verbreiten: Blogs, Foren, YouTube, Soziale Netzwerke, Vlogs und herkömmliche Printmedien. Fast alle klassisch als Printmedium erscheinenden rechten Organe verfügen mittlerweile auch über dazugehörige Homepages, Blogs oder unterhalten zumindest eigene Facebook-Seiten. So vermischen sich der On- und Offline-Bereich immer weiter. In diesem Dossier findet ihr Informationen zu einzelnen neonazistischen Medien und hilfreiche Tipps, wie ihr eine rechte Quelle als solche erkennen könnt.
Die “Deutsche Stimme” als das Presseorgan der NPD, Websites mit rechtspopulistischer Propaganda oder Foren wie das “Freie-Netz-Süd” aus der Kameradschaftsszene sind nur ein kleiner Teil zahlreicher neonazistischer Medien. Rechtsextreme nutzen im Netz alle Kanäle, um rassistische Hetze und neonazistische Propaganda zu verbreiten. Als perfekte “Propagandawaffe” eingesetzt hoffen sie, durch das Internet mehr Leute zu erreichen als mit herkömmlichen Mitteln wie Demonstrationen, Mahnwachen oder Flugblättern. In Sozialen Netzwerken wie Facebook werden immer wieder Seiten und Gruppen erstellt, auf denen neonazistische Einstellungen verbreitet werden. Auch die Kommentarspalten vieler anderer nicht-rechter Nachrichtenportale und Webseiten werden von Neonazis für ihre menschenfeindliche Propaganda missbraucht.
Zwar ist die Anzahl der rechtsextremen Webseiten laut Verfassungsschutz von 32 im Jahr 1996 auf offiziell 1.872 im Jahr 2010 (bis August) angestiegen. Aber es gibt nur wenige, die regelmäßig gut besucht sind – wie zum Beispiel die internationalen Projekte “Altermedia” (mit deutscher Seite) und “Stormfront”. Viele der deutschen Webseiten werden über Anbieter in Amerika bereitgestellt, denn dort sind rechtsextreme, antisemitische und rassistische Inhalte – im Gegensatz zu Deutschland – nicht strafbar.
Der Clou: Die Seiten vernetzen sich untereinander, verlinken sich gegenseitig und schalten Anzeigen auf ähnlich gesinnte Seiten und Magazine. So entsteht ein gefährlich engmaschiges Netz aus rechter Propaganda, in dem man sich leicht verfangen kann. Oftmals reicht ein Blick auf das Impressum, die Links oder Gefällt-Mir-Angaben einer Seite oder eines Magazins, um eine rechtsextreme oder rechtspopulistische Ausrichtung zu erkennen.
Propaganda von morgens bis abends: Unzählige rechte Online-Angebote
Die rechten Angebote im Netz bieten Lebenshilfe und vor allem eins: Sie erlauben den Nutzer*innen ein Rundum-Versorgung mit rechter Propaganda, eine Erlebniswelt Rechtsextremismus. Von lokalen, regionalen und internationalen Nachrichten (Unabhängige Nachrichten, Zuerst) über Musik (RockNORD), “Kultur”, Literatur, Familienratgebern, dem Neonazi-Netzwerk Netzwerk Rechts, Versänden und Zeitschriften aus dem Öko-Bereich (Umwelt & Aktiv) bis hin zu rechtsextremen Vegan-Kochshows bietet das Netz alles, was das Naziherz begehrt. Oder anders: Alles, was man so für’s tägliche Leben braucht – nur eben in Braun.
Lange Zeit hatten Neonazis im Internet ziemliche Narrenfreiheit: Selbst überregional wichtige Websites, die offen Nationalsozialismus, Gewalt oder rechtsextreme Ideen huldigten, blieben jahrelang unbehelligt. Durch verstärkte Medienaufmerksamkeit ging es den großen und bekannten Portalen – Altermedia Deutschland, Thiazi.net und DeutschlandEcho – vor einiger Zeit dann doch an den Kragen, sei es durch Justiz, engagierte Hacker*innen oder Server-Betreiber*innen.
Leider bleibt den Nazis dennoch genug Raum übrig. Wir wollen euch hier kurz einige der wichtigsten rechten und rechtspopulistischen Medienorgane vorstellen, weitere findet ihr hier.
“JUNGE FREIHEIT”
Die Junge Freiheit ist einer der bekanntesten Zeitungen, die sich als Sprachrohr des “Konservatismus” versteht. Politikwissenschaftler*innen ordnen die Zeitung in das Spektrum der “Neuen Rechten” ein, das für ein Politikverständnis zwischen dem Konservatismus und dem Rechtsextremismus darstellt. Deshalb ist es gerade hier wichtig, genau zu untersuchen, was Autor*innen aus diesem Spektrum wie und warum publizieren.
“Was ist eigentlich so schlimm an der Jungen Freiheit? Ist sie denn wirklich rechtsextrem und woran könnte man das erkennen?” Meist kommen diese Fragen aus dem Kreis eher konservativ denkender Mitmenschen. Die Antwort ist kurz und knapp: Man wird an der Jungen Freiheit (JF) nichts Rechtsextremes erkennen. Denn sie vermeidet seit Jahren alles, was ihr nach den Rechtsextremismus-Kriterien des Verfassungsschutzes vorgeworfen werden könnte.
So wie viele rechte Mediendienste publiziert die Junge Freiheit scheinbar neutrale Artikel und wirft die Botschaft durch die Hintertür ein. Die Junge Freiheit funktioniert nämlich als Scharnierorgan. Scharnierorgane verbinden den Rechtsextremismus mit der übrigen Gesellschaft. Sie vertreten rassistische und nationalistische Positionen häufig in abgeschwächter Form und distanzieren sich von den aggressiveren Teilen der Szene. Dies gilt in der Regel für alle rechtsintellektuellen Blätter, die der so genannten “Neuen Rechten” zuzuordnen sind.
”DEUTSCHE STIMME”
Verfassungsschutzexperten zufolge hat die Deutsche Stimme “mittlerweile den Charakter eines führenden rechtsextremistischen Theorie- und Strategieorgans angenommen”. Bei der monatlich herausgegebenen Deutschen Stimme (DS) macht man sich aber auch nicht die Mühe, als verfassungskonform zu erscheinen. In dem Parteiblatt der NPD, das in einer Auflage von 21.000 Exemplaren im sächsischen Riesa erscheint, wird Klartext geredet. So heißt es in der Deutschen Stimme beispielsweise: “Die Veränderungen … werden gravierend sein, und niemand kann …gewährleisten, dass es immer ohne Gewalt geht. …Vermehrt wird Gewalt zum Erringen politischer Ziele eingesetzt.” (1/2006).
”ZUERST”
Seit Dezember 2009 ist das monatlich erscheinende “Deutsche Nachrichtenmagazin” “ZUERST!” auf den Markt erhältlich und verbreitet Themen aus dem rechtsextremen Spektrum in scheinbar seriöser Aufmachung bis an die Bahnhofskioske. Der nationalkonservative Verleger Dietmar Munier hat es nach Eigenaussage geschafft, mit einer Startauflage von 86.000 Stück und etwa 10.000 Verkaufsstellen mit “Zuerst!” die zuvor existierende Rechtsaußen-Medienlandschaft zu überflügeln.
Die Ziele des Verlages klingen sehr ambitioniert. “Zuerst!” will, so Munier, etablierten Magazinen wie “Stern”, “Spiegel” oder “Focus” Konkurrenz machen. Die publizistische Ausrichtung ist jedoch “den eigenen deutschen Interessen” verschrieben. An anderer Stelle wird der Verleger deutlicher: Er will der “herrschenden Meinungsdiktatur der politischen Korrektheit” entgegentreten und sich nicht dem “Konformitätsdruck des Meinungskartells” beugen.
”BLAUE NARZISSE”
Die Blaue Narzisse ist eine ehemalige Schüler*innenzeitung aus Chemnitz und wurde im Jahr 2004 von Felix Menzel gegründet. Seit dem Jahr 2006 verfügt die Zeitung auch über einen Internetauftritt. Dort und in der Zeitung präsentieren sich die Autor*innen gerne als “konservativ”. Anfangs versuchten die Betreiber*innen bewusst, nicht politische Themen anzusprechen, sondern über die Themen Kultur gerade junge Menschen zu ködern. Die Blaue Narzisse kann dem Spektrum der Neuen Rechten zugeordnet werden und steht der Identitären Bewegung nahe.
“POLITICALLY INCORRECT” bzw. “PI-NEWS.net”
Politically Incorrect (PI) ist das Zentralorgan der deutschensprachigen Islamfeinde. Der Blog wurde 2004 von Stefan Herre gegründet, drei Jahre lang war er der einzige Autor der Seite. Mittlerweile schreiben dutzende freie Autor*innen täglich unter Pseudonymen mehrere Artikel. Der Politblog wird rund 80.000-mal pro Tag angeklickt, entsprechend hoch ist auch die Anzahl der Kommentare unter den Artikeln. Somit gehört PI zu den meist frequentiertesten Politblogs der BRD.
Rechte Printmedien und Verlage
Auch in Zeiten des Internets gibt es noch viele extrem rechte Printprodukte, die auch an ganz normalen Kiosken vertrieben werden – oft, weil die Kioskbesitzer*innen gar nicht wissen, was da in ihrer Auslage liegt. Dazu gehörten auch die “Landser”-Heftchen. Über 50 Jahre lief die Produktion dieser Heft-Serie, die viel gelesen wurde, aber kaum kritische Reaktionen hervorrief. Die “Landser”-Hefte schlichen durch die Gemüter pubertierender Jungen, ohne dass sich die Erwachsenenwelt mit dieser “Schmuddelliteratur” auseinandersetzen wollte. Das Problem: Der “Landser” versprach Erlebnisberichte zur Geschichte des Zweiten Weltkrieges, verbreitete aber vor allem den Mythos von der “sauberen Wehrmacht”. Mitte September 2013 gab die Bauer Media Group, welche die Hefte verlegt hatte, nach Kritik des Simon Wiesenthal Centers schließlich bekannt, die Reihe einzustellen.
Wer aber publiziert so etwas? Abgesehen vom populären und in den Medien heiß diskutierten KOPP-Verlag mit dazugehörigem Online-Auftritt gibt es in der Szene noch weitere bekannte Verlage, beispielsweise den zur gleichnamigen NPD-Zeitung gehörenden Deutsche Stimme Verlag, die Nation Europa Verlag GmbH, den Armanen-Verlag, den Grabert Verlag, den Druckschriften- und Zeitungsverlag GmbH (DSZ-Verlag) und unzählige andere.
Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit (leider) auch in nicht-rechten Medien
Nicht nur in einschlägigen Medien finden sich rassistische, antisemitische und antiziganistische Denkmuster – auch in vielen Groß-Publikation mangelt es an Achtsamkeit und Respekt gegenüber Minderheiten. Sei es nun der Begriff “Dönermorde” oder das ewige Bild von einer Frau mit Kopftuch, wenn es um vermeintliche Ausländerinnen geht: Rassistische Klischees und Sprache finden sich immer noch in der Berichterstattung vieler Medien. Ein neuer Leitfaden gibt Journalist*innen Tipps für einen rassismuskritischen Sprachgebrauch.
Letztlich bleibt zu sagen: Medien sollen die Vielfalt der Gesellschaft widerspiegeln. Tatsächlich aber arbeiten in den meisten deutschen Redaktionen nur wenige Menschen mit dem viel zitierten Migrationshintergrund. Nur ein Grund für eine Berichterstattung, die oft von Stereotypen und Klischees geprägt ist. Der “Mediendienst Integration” – ein Service für Journalist*innen mit aktuellen Informationen zu Migration, Integration und Asyl – will das ändern. Auch im MiGAZIN schreiben Autor*innen mit Migrationshintergrund.
Wenn ihr auf eine Seite stoßt, die euch irgendwie verdächtig vorkommt, schaut doch einfach mal im Lexikon von Netz gegen Nazis nach – dort sind viele rechte Medien zusammengetragen. Falls ihr euch dann immer noch nicht sicher seid, meldet euch einfach direkt bei uns – wie immer gilt: Genau hinschauen, nachfragen und Freund*innen aufklären!